Info-Marktplatz zu Erneuerbaren Energien
Unter dem Motto „Chancen der Energiewende“ in der Region Frankenpfalz hatten die Gemeinden Speichersdorf und Kirchenpingarten am 10. Juli zu einem Energieforum in die Sportarena nach Speichersdorf eingeladen. Von 18 bis 21 Uhr nutzten die über 100 Besucher das umfangreiche Informationangebot zu den Themen erneuerbare Energien, -politik und Chancen den Klimawandel zumindest zu verlangsamen.
Bürgermeister Christian Porsch hieß die Teilnehmer und Besucher, insbesondere die Gemeinderäte der beiden Kommunen Kirchenpingarten und Speichersdorf, die Aussteller und insbesondere den Referenten Professor Dr. Ing. Michael Sterner von der OTH Regensburg, Berater der Bundesregierung in Energiefragen, willkommen. Als Aussteller nahmen das Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden zum Thema Wärmenutzung, Energieeffizienz, Sektorenkopplung und integrierte Planung, die Firma Buß-Solar aus Borken zum Thema Agri-Photovoltaikanlagen, die Firma Primus und Fronteris zur Windkraftanlagenplanung, unter anderem zum aktuellen Planungsstand des interkommunalen Windparks Steinkreuz teil. Die Sparkasse Oberpfalz Nord gab zusammen mit der DKB-Bank Hinweise zu Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten. Zudem informierte die Gemeinde Speichersdorf über die bereits erzielten Erfolge bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort. Die Kommune zeigte auf, welche Folgen die Entscheidung des Bundes zum Bau von Freiflächenphotovoltaikanlagen entlang von zweigleisigen Bahnstrecken für Speichersdorf hat. 280 Hektar, gleich sieben Prozent der Gemeindefläche, sind davon betroffen, wo ohne Bauleitplanverfahren mit einem einfachen Bauantrag PV-Anlagen privilegiert errichtet werden dürfen.
Professor Michael Sterner widmete seinen Impulsvortrag den aktuellen Herausforderungen und Chancen der Energiewende für die Region. „Wir müssen für das überlebenswichtige Ziel unsere Umwelt und Erde zu erhalten Hoffnung verbreiten und nicht Angst. Wind und Sonne sind die Basis für eine Energiewende in großer Form“, versicherte der Referent. Sonne in der wärmeren und Wind in der kälteren Jahreszeit sorgen für Strom und die Erzeugung von Wasserstoff samt Speicherung in den vorhandenen Erdgasspeichern, der reicht für Überbrückungszeiten. „Speichermöglichkeiten für Wasserstoff sind genügend da. Energiewende vor Ort ist enorm wichtig. Strom und Wärme aus Atomkraftwerken, Erdöl und -gas gibt`s in absehbarer Zeit nicht mehr. Wir müssen uns umschauen nach umweltfreundlichen, ökonomischen und bezahlbaren Energieformen. Dass unser Geld für Energie ins Ausland fließt, damit muss Schluss sein“, so Sterner. Um Deutschland energetisch sicher aufzustellen, werden erneuerbare Energien benötigt. Waldbrände, Hochwasser, Hitzewellen, Stürme sind die Folge der unkontrollierten Verbrennung von fossilen Energieformen und dem damit verbundenen CO2-Ausstoß. „Der Klimawandel beruht auf pysikalischen Gesetzen und Naturgesetze sind nicht verhandelbar. Er ist dramatisch und bedroht die Lebensgrundlage der Menschen. Die globale Verantwortung geht bei uns los“, so der OTH-Professor. CO2 bedroht dramatisch die Athmosphäre als Schutzschild der Erde. Die Windkraft kann für die Energiewende mit rund 50 Prozent den größten Beitrag leisten. Wärme und Energie für Verkehr, Haushalte und Industrie hängen zukünftig am grünen Strom und daraus erzeugtem Wasserstoff, der hauptsächlich aus Wind und Sonne erzeugt wird. Würde man energietechnisch und in Sachen Emissionsreduktion so wie bisher weiterverfahren werden, würden 230 Jahre bis zum Erreichen der gesetzten Klimaziele vergehen. Vor 20 Jahren wurden im Bereich der Solarenergie ein Gigawatt pro Jahr, heute werden ein Gigawatt pro Tag installiert. Unter Einhalten des Mindestabstand von 1.000 Meter zu Wohnbebauung reicht ein Prozent der Fläche Bayerns um mit Windkraft 50 Prozent des Strombedarfes zu decken. Für ein Windrad müssen 1.000 Hausdächer mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Für Wasserkraft und Biomasse ist das Potential erschöpft.
Sterner räumte mit Mythen der Solar- und Windkraftgegner auf. Nur sechs Prozent der deutschen Fläche wird für erneuerbare Energien gebraucht. Solar- und Windkraftanlagen schonen Grund und Boden, der weiter landwirtschaftlich genutzt werden kann. Der 2009 entstandene Rechenfehler der Bundesanstalt für Geowissenschaften zum hohen Infraschallwert wurde aufgedeckt. Der bei Windkraftanlagen wurde fälschlicherweise um 4000-mal höher eingeschätzt, als er tatsächlich ist. Es konnten auch in einer Studie keine Zusammenhänge zwischen akustischen und seismischen Wellen und körperlichen oder psychischen Beschwerden plausibel nachgewiesen werden. Bei einem Abstand von 300 Meter ist der Infraschall von Windkraftanlagen kleiner als der eines Pkw. Der Verband Bayerischer Wirtschaft stehen voll hinter der Wind- und Solarenergie. Bei der Windkraft wird mit rund 100.000 toten Vögeln pro Jahr, im Verkehr mit 70 Millionen, mit 115 Millionen durch Glasfassaden, durch Katzen 100 Millionen gerechnet. Neue Technologien können die Abschaltung von Windkraftanlagen bei Vogelflug, Schatten- und Eiswurf steuern. Auch das Argument des Microplastikabriebs an Windflügeln relativiert sich bei 1.500 Tonnen/Jahr bei Werten für Schuhsohlen mit 10.000 Tonnen, Autoreifen 100.000 Tonnen. Der Landesbund für Vogelschutz hat zum Insektensterben analysiert. 1.200 Tonnen Insekten sterben durch die Rotoren und Vögel fressen rund 450.000 Tonnen. Unabweisbar ist die Veränderung der Visualität und des Landschaftsbildes. Eine Windkraftanlage erzeugt rund 10 bis 12 Millionen Kilowattstunden, soviel wie 3.000 Haushalte an Strom und Wärme benötigen. Die Gemeinde profitiert über die gesamte Lebenszeit der Windkraftanlage mit rund einer halben Million Euro an Einnahmen und die Bürger bei einer Beteiligung.
Patrick Dirr vom Institut für Energietechnik aus Amberg gab einen kurzen Überblick über die kommuale Wärmeplanung und die regenerative Wärmeerzeugung. Anschließend bestand für die Besucher die Möglichkeit, sich an den verschiedenen Ständen über den aktuellen Planungsstand in Sachen interkommunaler Windpark Steinkreuz, Privilegierung von PV-Freiflächenanlagen, Sektorenkopplung, kommunale Wärmeplanung oder Agri-PV kostenlos zu informieren.
Windkraft-Vorranggebiet Steinkreuz
Der Regionale Planungsverband Oberfranken-Ost hatte die Kommunen bereits im August 2022 aufgerufen, mögliche Vorranggebiete zu melden. Hintergrund ist, dass der Freistaat und damit die Kommunen über die Regionalverbände durch das Wind-an-Land-Gesetz vom Bund verpflichtet wurden 1,8 Prozent der Gebietsfläche als Vorranggebiete für Windkraftanlagen auszuweisen. Nach der Regierungserklärung des Bayerischen Ministerpräsidenten können zudem künftig alle Staatsforstflächen auch ohne Zustimmung der Nachbarkommunen für den Bau von Windkraftanlagen zur Verfügung gestellt werden. Deshalb ist es der richtige Weg die Energiewende auch für Windkraftanlagen aktiv zu gestalten, als später keine Handhabe mehr gegen den ungebremsten Bau zu haben.
Derzeit läuft die Teilfortschreibung des Regionalplanes Oberfranken – Ost, in der der Windpark Steinkreuz Teil des Verfahrens ist, um die drohende Privilegierung zu umgehen. Aktuell laufen die Öffentlichkeitsbeteiligung und Anhörung der Träger öffentlicher Belange. Ziele des Regionalen Planungsverbandes sind ein abgestimmtes Vorgehen sowie die Schwerpunktbildung und Konzentration von Windenergieanlagen in windhöffigen Gebieten mit interkommunaler Zusammenarbeit. Das beantragte Gebiet zur Errichtung des Windparks Steinkreuz hat eine Fläche von 247 Hektar und soll mit mehreren Windkraftanlagen beplant werden. Es liegt in einem Waldgebiet nördlich der B 22 zwischen den Ortschaften Kirmsees (Gemeinde Kirchenpingarten) und Zeulenreuth (Gemeinde Speichersdorf) außerhalb bestehender Landschaftsschutzgebiete.
Dabei soll die Flächenkulisse so optimiert werden, dass die Standorte der Windkraftanlagen möglichst weit, (mindestens aber 1000 m) vom Ortsrand entfernt sind. Der Flächenvorschlag der Gemeinden Speichersdorf und Kirchenpingarten wurde in neu abgegrenzter Form als Vorranggebiet 5214 Zeulenreuth-Nordwest in den Fortschreibungsentwurf aufgenommen. Der Gemeinderat beschäftigte sich in seiner Sitzung am 15. Juli mit der vorgezogenen Teilfortschreibung des Regionalplanes. Einstimmig wurde das Einverständnis zum vorliegenden Entwurf erteilt. Nach Auskunft von Gemeinderat Bernhard Stahl gebe es im Staatsfortgebiet bei der Tauritzmühle einen Fisch- und Seeadlerhorst. Der Gemeinderat wies in senem Beschluss deshalb darauf hin, dass eine Überprüfung von Fischadler und Seeadlervorkommen im Staatsforstgebiet vorgenommen werden sollte. Das gemeindliche Einvernehmen wurde unter dieser Voraussetzung erteilt.
Text und Bilder: Arnold Koch