Bayerische Energietage 2024: Mit dem Fahrrad die Welt der Erneuerbaren Energien erkunden

Zum zweiten Mal fanden in diesem Jahr die Bayerischen Energietage statt, veranstaltet vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Wie schon im Vorjahr beteiligte sich die Gemeinde Speichersdorf auch in diesem Jahr an der bayernweiten Veranstaltungsreihe – diesmal per Fahrrad in Form einer Energietour durch die Gemeinde. Lesen Sie hier einen Bericht von Arnold Koch:

Informationen, Erfahrungswerte und Tipps einmal anders präsentiert. Mit der Energie-Radtour Speichersdorf am Samstagvormittag, 21.09.2024 wählte die Gemeinde eine Radrundfahrt als probates Mittel die propagierte Energiewende interessierten Bürgerinnen und Bürgern anhand von konkreten Beispielen näher zu bringen. Die informative Radtour zu funktionierenden Energieprojekten der Kommune zeigte unter dem Energietagemotto „Energiewende. Hier. Jetzt“ den Teilnehmern auf, welche Möglichkeiten sich für Kommunen, Bürgergenossenschaften und Privatinvestoren ergeben im Energiesektor tätig zu werden. Bürgermeister Christian Porsch leitete die Radtour mit kompetenten Erläuterungen der umgesetzten und geplanten Energieprojekte selbst. „Letztes Jahr war`s ein Vortrag zum Thema PV-Dachanlagen und eine Kindergartenaktion zum Thema Windkraft, heuer ein Energieforum und heute eine Radltour zu bereits umgesetzten Maßnahmen zur Erzeugung und Einsparung regenerativer Energie. „Das Thema wird derzeit bei uns heiß diskutiert. Wir bezeichnen uns als Vorreiter in Sachen Energiewende in der Region“, erläuterte er nach seiner Begrüßung der Teilnehmer. Die Aktionen in Speichersdorf finden bayernweit Beachtung und die Kommune erhielt bereits mehrere Auszeichnungen dafür, erhielt Besuch von vielen Gruppen bis nach Polen und Südkorea.

Die Gemeinde begann im Jahr 2000 mit der Installation einer PV-Anlage auf dem Rathaus mit 2,5 kW Leistung. Die Anlage funktioniert noch immer reibungslos, sodass seit fast 25 Jahren so Erneuerbare Energie erzeugt wird. 2023 wurde die Anlage mit 41 kW und einem 11-kWh-Speicher erweitert, womit die Verwaltung auch notfalls eigenstromfähig versorgt werden kann. Rund 75 Prozent des im Rathaus verbrauchten Stroms werden damit selbst erzeugt. Seit 2017 ist das Rathaus mit Nahwärme durch die mit Hackschnitzel befeuerte Heizzentrale in der Schule versorgt. Zudem hat die Gemeinde mit Romy Lottner seit 2022 eine Energiemanagerin.

Großes Nahwärmeprojekt

Die nächste Station war der Standort für die künftige Heizzentrale an der Grüngutannahmestelle. Hier entsteht eine mit Hackschnitzel befeuerte Heizkesselanlage. Der Baubeginn ist noch für dieses Jahr vorgesehen. Sie wird künftig kommunale Liegenschaften, das Wohnquartier Laibacher Weg mit 100 Wohneinheiten und Mehrfamilienwohnhäuser entlang des Marktplatzes mit Wärme beliefern. Insgesamt werden 300 Wohneinheiten und das Seniorenheim mit einem Wärmebedarf von 2,2 MW Leistung mittels 2,2 Kilometer langem Leitungsnetz ab Juni 2025 durch die Bioenergie Speichersdorf, eine Tochtergesellschaft der Gemeinde unter Geschäftsführung der KEWOG Energie und Dienste aus Tirschenreuth, versorgt. Für Zwischenlösungen wird gesorgt. Schwierig ist jedoch den Gesetzesdschungel hierzu zu beherrschen. Die Gemeinde erhält 90 Prozent Förderung für die gesetzlich vorgeschriebene Kommunale Wärmeplanung im Gemeindegebiet. In Kirchenlaibach versorgt eine private Biogasanlage Kindergarten, das Feuerwehrhaus und private Liegenschaften.

Sobald das Nahwärmenetz in Betrieb ist, wird rund 75 Prozent des kommunalen Wärmebedarfs regenerativ erzeugt. Die großen kommunalen Stromverbraucher haben zudem eine PV-Dachanlage. Die komplette Straßenbeleuchtung ist seit 2023 auf LED-Leuchtmittel umgestellt.

Die neue 8.000-Einwohnergleichwerte große Kläranlage wurde im Mai fertiggestellt. Nach den Worten des Rathauschefs vor Ort verbraucht die Kläranlage rund 350.000 kWh Strom im Jahr. Durch anaerobe Schlammstabilisation wird Klärgas im Faulturm erzeugt, im Gasbehälter zwischengelagert und im Blockheizkraftwerk (BHKW) Strom und Wärme für den Eigenverbrauch erzeugt. Die Gemeinde beheizt damit den Klärschlamm und die Betriebsgebäude. Im Zusammenspiel zwischen der 75-kW-PV-Dachanlage und dem 30 KW-BHKW werden bis zu 180.000 kWh Strom selbst erzeugt und damit rund 100.000 Euro Stromkosten – gerechnet auf den kommunalen Stromtarif 2023 – gespart.

Eine Station auf der Tour war die neue Kläranlage. Foto: Arnold Koch

Regionale Wertschöpfung

Die besuchte PV-Freiflächenanlage „Bürgersolarpark Speichersdorf“ an der Bahn bei Roslas und bei den Windrädern bei Teufelhammer hat eine Leistung von 18,9 MW-Peak und erzeugt auf 16 Hektar rund 20 Millionen Kilowattstunden Strom. Die Windräder aus den 1990er Jahren werden nach wie vor von einem Privatinvestor betrieben. Der Park wird mit Schafen beweidet. Es wurde festgestellt, dass das Niederwild zunehmend solche PV-Anlagen als Ruheareal nutzt. Der Strom beider Parkflächen wird zum Umspannwerk Speichersdorf geleitet. Es gibt in Zukunft die Chance den Strom ortsnah ohne Netzentgelte an Kunden zu liefern. Aktuell wird der hier erzeugte Strom durch die Firma Naturstrom an der Strombörse vermarktet. Insgesamt sind derzeit 60 Hektar mit PV-Freiflächenanlagen belegt. Es konzentriert sich entlang der Bahnlinien und in der Nähe zum Umspannwerk. Die Privilegierung von PV-Freiflächenanlagen entlang eines 200-Meter-Korridors beidseits von zweigleisigen Bahnstrecken gefährdet massiv die Planungshoheit der Gemeinden. Für Speichersdorf entspricht dies eine Fläche von knapp sieben Prozent der Gemeindefläche. Es liegen aktuell Anträge für zusätzliche 13 Hektar im Bahndreieck nahe der Nahwärmezentrale, 45 Hektar im privilegierten Bahntrassenbereich und weitere 53 Hektar mittels Agri-PV-Anlage bei der Gemeindeverwaltung vor. Sollten alle Projekte realisiert werden, wären damit rund 3,3 Prozent des Gemeindegebiets mit PV-Freiflächenanlagen belegt.

„Auf manche Entwicklungen haben wir keinen Einfluss, das müssen wir akzeptieren und das Beste daraus machen. Ziel muss es sein, dass wir unsere Wertschöpfung in unserer Region halten. Dadurch können wir auch unseren Haushalt stabilisieren. Wir werden weiter Strom exportieren. Dieser Bürgersolarpark ist in kommunaler Hand und wir wollen mit dem Strom selbst was machen. Dafür sind wir gerade auf der Suche nach einem geeigneten Partner“, so Porsch. Zum Thema Windkraft verwies er auf die geplanten Vorranggebiete im Speinsharter Forst und nordwestlich von Zeulenreuth. Zudem liege ein Antrag auf Zubau von Windkraftanlagen im bestehenden Vorranggebiet Krumme Föhre vor.

Bürgersolarpark. Foto: Arnold Koch

Zu Besuch im Bioenergiedorf

Das besuchte erste Bio-Energie-Dorf Oberfrankens und vierte Bayerns, Guttenthau, ist mittels Biogasanlage eines Landwirts wärmeautark. Das Nahwärmenetz wurde von den Gebäudeeigentümern selbst finanziert und gebaut. Die rund 40 Anschlussnehmer erhielten dafür für 10 Jahre Abwärme kostenlos geliefert und die Anlagenbetreiber einen KWK-Bonus zum wirtschaftlichen Betrieb. Die Anlage hat eine elektrische Leistung von 580 kW. Die Herausforderung ist, dass es ab 2026 keine fest Einspeisevergütung mehr gibt und die Wirtschaftlichkeit fraglich wird. Die Frage der zukünftigen Wärmeversorgung ist offen. Für 40 Prozent der erzeugten Energie kann man nach Gewinn einer EEG-Ausschreibung Zuschlag erhalten, 60 Prozent muss selbst vermarktet werden. Seitens der Kommunen wird versucht mittels einer Eingabe beim Bund für die Biogasanlagen eine Lösung zu suchen. Den kleinsten und ältesten Anteil am Strommix erzeugt eine über einhundert Jahre betriebene Wasserkraftanlage in Teufelhammer. Angetrieben wird die Turbine vom Wasser des Baches erzeugt die Anlage rund 25.000 Kwh/Jahr. Hier wurde schon Strom produziert, als es in Bayreuth noch keinen Stromanschluss gab.

Zum Ende der Radtour besuchte man das Unternehmen Günthner-Haustechnik in Wirbenz. Der Firmenchef Jürgen Günthner selbst zeigten die technischen Möglichkeiten der Energiegewinnung und deren Einsatz zu Hause auf, die zur Energiewende beitragen können. Anschließend kehrten die zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam ein.

Stimmen

„Ich habe schon seit über 20 Jahren eine PV-Anlage auf meinem Haus und nutze Stromeinsparungsmöglichkeiten. Jetzt läuft die Förderung aus und ich will in einen Stromspeicher investieren. Später ist ein E-Auto geplant. Die Beheizung habe ich bereits vom Öl- auf einen Pelletkessel umgestellt. Wir müssen alle bereits im Kleinen was tun, sonst gelingt die Energiewende nicht“, so Teilnehmer Reiner Striegl aus Haidenaab.

„Wir kommen von Mehlmeisel und wollten mal sehen, was die Leute woanders umsetzen. Ich bin enttäuscht, dass keine weiteren Teilnehmer aus unserem Bereich dabei sind. Ich wohne dort schon seit 1980 in einer Ferienwohnanlage und wir sind dabei gemeinsam ein Energiekonzept mit Solar auf dem Dach und sonstigen erneuerbaren Energieformen zu planen. Ich bin erstaunt, dass die Leut hier so gut in Sachen erneuerbarer Energieerzeugung aufgestellt sind und den Weitblick haben. Hier ist große und zeitlich lange Pionierarbeit geleistet worden. Wir müssen alle gemeinsam aufwachen und umdenken“, erklärte Hermann Adelhardt, der mit seinem E-Bike von Oberfranken nach Barcelona gefahren ist.

„Ich wohne in einem Komplex mit Eigentumswohnungen. Bei uns ist es schwierig alle Eigentümer unter einen Hut zu bringen. Ich persönlich würde bei dem Energiethema mitmachen, im Rahmen meiner Möglichkeiten zu investieren. Es braucht noch mehr Überzeugungsarbeit“, erklärte eine Speichersdorferin.